Newsticker
Schlagzeilen, Meldungen und alles Wichtige
Die Nachrichten heute: Newsticker, Schlagzeilen und alles, was heute wichtig ist, im Überblick.
Zum Newsticker
  1. Home
  2. Politik
  3. Ausland
  4. Nach Libyen-Konferenz: General Haftar in einer Position der Stärke

Ausland Nach Libyen-Konferenz

General Haftar in einer Position der Stärke

Korrespondent für Kriegs- und Krisengebiete , Korrespondent
Warum die Libyen-Konferenz in Berlin so wichtig war

Die Teilnehmer des Berliner Libyen-Gipfels haben sich zur Einhaltung eines UN-Waffenembargos verpflichtet. Außerdem haben sie ein Ende der militärischen Unterstützung für die Bürgerkriegsparteien zugesichert.

Quelle: WELT

Autoplay
Einigkeit auf der ganzen Linie, beteuerte die Kanzlerin und wurde gelobt für ihre Entschlossenheit, den Libyen-Konflikt zu lösen. Aber nach der Konferenz in Berlin bleibt weiter völlig offen, wie sich die Krise im erdölreichen Land Nordafrikas entwickelt.

Die Pressekonferenz zum Libyen-Gipfel in Berlin war eine Überraschung. Statt von Problemen und Konflikten zu sprechen, war nur von Einigkeit die Rede. „Wir haben sehr ernsthafte Verhandlung gehabt“, begann Merkel am Sonntagabend im Anschluss an die Konferenz im Kanzleramt. „Alle Teilnehmer haben sehr konstruktiv zusammengearbeitet und diese Konferenz hat einen wichtigen Beitrag geleistet, um die Friedensbemühungen voranzutreiben.“ Die Kanzlerin hat es anscheinend geschafft, alle gravierenden Gegensätze, die zwischen den teilnehmenden Ländern schon seit Jahren bestehen, wie eine Magierin vom Tisch zu wischen.

Lesen Sie auch


António Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen, lobte Merkels Engagement zur Lösung des Libyen-Konflikts in den höchsten Tönen. „Ich möchte Ihnen meinen tief empfundenen Dank aussprechen“, sagte Guterres an die Adresse Merkels. Auch der UN-Sonderbeauftragte für Libyen, Ghassan Salamé, dankte der deutschen Gastgeberin ausdrücklich.

Wie realistisch die Ergebnisse der Libyen-Konferenz wirklich sind

Politische Beobachter sprechen von einem außenpolitischen Scoop, der der Kanzlerin gelungen sei. Aber was sind nun die Ergebnisse der Libyen-Konferenz, wie realistisch sind sie, und was bedeuten sie für Libyen? Hauptpunkt ist das internationale Waffenembargo, das in Zukunft besser respektiert werden soll, als das in der Vergangenheit der Fall war, wie Merkel sagte. Es habe Zusagen gegeben, dass es „keine weiteren Unterstützungsleistungen“ für die libyschen Konfliktparteien geben solle. Internationale Anstrengungen zur Überwachung des Embargos sollen verstärkt werden, heißt es in einer Erklärung von 16 Staaten und Organisationen.

Außenminister Heiko Maas (SPD) sprach von einem „Schlüssel“ zur Lösung des Konflikts. Der aber müsse nun noch ins Schloss gesteckt werden. Zudem wird eine umfassende Demobilisierung und Entwaffnung der Milizen gefordert und Verletzungen eines Waffenstillstands sollen sanktioniert werden. Obendrein will man den politischen Prozess für eine friedliche Lösung anstoßen.

Signale der Annäherung. Außenminister Heiko Maas traf am Donnerstag in der libyschen Hafenstadt Bengasi General Chalifa Haftar, der weite Teile des Landes kontrolliert
Außenminister Heiko Maas traf im Vorfeld der Konferenz im libyschen Bengasi General Chalifa Haftar, der weite Teile des Landes kontrolliert
Quelle: via REUTERS


Die Einhaltung des Waffenembargos und die Entwaffnung der Milizen wären tatsächlich ein Meilenstein für Libyen – jenes erdölreiche Land Nordafrikas, das im Bürgerkrieg zwischen der von der UN anerkannten Regierung von Fajis al-Sarradsch und General Chalifa Haftar endgültig im Chaos zu versinken droht. Aber beide Forderungen sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt unrealistisch. Die Milizen sind sowohl auf der Seite von Premierminister Sarradsch als auch bei General Haftar entscheidende Machtfaktoren.


Sie sind wie Stadtstaaten, haben Waffen und wirtschaftliche Netzwerke entwickelt. In den meisten Fällen genießen sie bereits offiziellen Status als Teil der jeweiligen Armeen von Sarradsch und Haftar. Beide Führer sind ohne Milizen aufgeschmissen. Und wer wäre in der Lage, die Milizen zu entwaffnen, deren Zusammenhalt sich oft noch über Stammeszugehörigkeit definiert?

Waffenembargo besteht bereits seit 2011 – daran gehalten hat sich kaum jemand

Anzeige

Das Waffenembargo Libyens besteht seit Februar 2011. Der UN-Sicherheitsrat hatte es damals als Reaktion auf die Gewalt beschlossen, mit der Ex-Diktator Muammar al-Gaddafi den Arabischen Frühling im Land niederschlug. Das Waffenembargo wurde bisher von jedem ignoriert, dem danach zumute war. Dagegen getan wurde auf internationaler Ebene nie etwas. Nun aber soll sich alles ändern. So hieß es zumindest auf der Libyen-Konferenz in Berlin.

Noch im Dezember hatte die UN in einem Bericht die Türkei, Jordanien und die Vereinigten Arabischen Emirate (UAE) als die Hauptschuldigen eines Bruchs des Waffenembargos in Libyen ausgemacht. Drohnen, gepanzerte Fahrzeuge und schwere Waffen seien „routinemäßig und unverhohlen geliefert worden, ohne einen Versuch, den Ursprung zu verschleiern“, schrieben die UN. Ein neues Zeitalter der Straflosigkeit sei angebrochen, wurde bitter konstatiert.

Die Türkei unterstützt die Regierung von Sarradsch. Jordanien und die UAE liefern an General Haftar. Das tat auch Ägypten, dessen Luftwaffe, wie die der UAE, Libyen bombardierte. Sehr aktiv war auch Russland. Der Kreml schickte seine Waffen über Ägypten und beorderte dazu noch 600 Söldner der bekannten Wagner-Firma nach Libyen. Dann ist da noch der Sudan, der 3000 Soldaten einer Spezialeinheit als Hilfe für Haftar nach Bengasi in Ostlibyen entsandte.

Libyen-Konferenz
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf der Pressekonferenz: „Mit dem heutigen Tag können wir nicht alle Probleme in Libyen lösen. Es soll ein neuer Impuls sein“
Quelle: dpa/Axel Schmidt


Wie die Kanzlerin nun in Berlin in Aussicht stellte, soll das Waffenembargo in Zukunft überwacht werden. Aber wer kann die Türkei, Russland, Ägypten und alle die anderen Länder tatsächlich davon abhalten, neue Waffen zu liefern? Am Sonntag mögen sie alle zugestimmt haben, „keine weiteren Unterstützungsleistungen“ für die libyschen Konfliktparteien zu liefern. Aber wie werden sie sich verhalten, wenn die Entwicklungen in Libyen gegen ihre Interessen laufen?

Heute halten sie still, angesichts der von Deutschland angeführten, internationalen Initiative zur Beilegung der Libyen-Krise. Ein Waffenstillstand kostet erst einmal nichts. Und für Russland, Ägypten und alle anderen Unterstützter von Haftar steht die Lage nicht schlecht. Der General und die von ihm angeführte Libysche Nationalarmee (LNA) kontrolliert 90 Prozent des Landes und alle wichtigen Erdölvorkommen, Raffinerien sowie Exporthäfen. Ihr Schützling ist in einer Position der Stärke. Da kann man beruhigt die Verhandlungen über einen dauerhaften Waffenstillstand abwarten, die im Rahmen der Libyen-Konferenz anvisiert wurden. Zum gegebenen Zeitpunkt kann man immer noch entscheiden, welchen Weg man einschlägt. Alle Optionen sind offen.

Für den türkischen Präsidenten Erdogan ist General Haftar ein rotes Tuch

Bereits in der nächsten Woche wird in Genf das „Militärkomitee“ zusammentreten. Das Treffen könnte den ersten handfesten Konflikt heraufbeschwören, der über Frieden und Krieg entscheidet. Denn Haftars LNA steht 20 Kilometer vor der Hauptstadt Tripolis und wird nicht ohne großzügige Zugeständnisse abziehen. Für den türkischen Präsident Recep Tayyip Erdogan ist Haftar ein rotes Tuch, dem er am liebsten „eine Lektion erteilen würde“. Erdogan will mit allen Mitteln den Sturz von Premierminister Sarradsch verhindern. In Berlin sagte der türkische Präsident, dass „Haftar erst sein aggressives Verhalten beenden muss, damit die anderen Stufen des politischen Prozesses beginnen können.“

Lesen Sie auch
Anzeige


Die Konfliktlinien sind tief, komplex und länderübergreifend. Die Türkei hat erst im Laufe der letzten vier Wochen rund 2000 syrische Söldner nach Libyen transportiert, die für die Regierung al-Sarrdasch kämpfen. Weitere sollen folgen als Teil des Hilfsabkommens, das Ankara mit Tripolis unterzeichnete.

In Libyen mögen die einen hoffen, dass das Treffen in Berlin eine Wende bringt. Die anderen sind überzeugt, dass die Konferenz keinen Frieden bringt. „Dazu geht es in Libyen zu sehr um Geld, Macht und Einfluss“, sagte Abubaker in Tripolis, ein Mitarbeiter einer Hilfsorganisation. „Zudem sind viel zu viele ausländische Staaten involviert. Das klappt nie.“

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema