Stift Klosterneuburg unter apostolischer Visitation

Untersucht wird der Umgang mit Missbrauch in den eigenen Reihen. Ein Nachfolger für den zurückgetretenen Propst wird erst gewählt, wenn das Ergebnis vorliegt.

Drucken

Schriftgröße

Von dem ungebetenen Besuch sollte nichts durch die dicken Mauern dringen. Im Stift Klosterneuburg findet derzeit eine apostolische Visitation statt. Die letzte dieser Art soll hundert Jahre zurückliegen. Rom interessiert sich für den Umgang mit Missbrauch in den eigenen Reihen und besonders für jene Vorgänge, die profil gemeinsam mit der deutschen „Initiative gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch“ und einer „Mainpost“-Journalistin vor drei Jahren aufgedeckt hat.

Kurz gefasst: Ein junger Augustiner Chorherr verging sich 1993 im Stift an einem minderjährigen Messdiener und wurde des Klosters verwiesen. Danach wurde er unter nie geklärten Umständen in Rumänien geweiht und bekam eine Pfarre in Deutschland. Hier missbrauchte er 2002 einen Elfjährigen. Die Augustiner Chorherren gerieten unter Druck, sich ihrer Verantwortung zu stellen, und betrauten eine Expertenkommission. Diese räumte im Herbst 2019 bloß „strukturelle Schwächen“ ein, die den „gegenständlichen Anlassfall begünstigt haben könnten“. Gemeint ist der Übergriff 1993. Persönliche Verfehlungen von Propst Bernhard Backovsky, 77, der als Novizenmeister damals für den Nachwuchs zuständig war, waren aus ihrem Bericht nicht herauszulesen. Das Stift gedachte, das leidige Kapitel daraufhin zu schließen.

Mitte Mai 2020 trat Backovsky aus gesundheitlichen Gründen als Propst zurück. Laut einem ehemaligen Ordensmann war die Wahl eines Nachfolgers bereits anberaumt. Sie muss nun warten, bis Rom sich ein Urteil gebildet hat. „Wir wünschen uns eine rasche Klärung“, bestätigt der Sprecher Walter Hanzmann auf profil-Anfrage.

 

Edith   Meinhart

Edith Meinhart

ist seit 1998 in der profil Innenpolitik. Schreibt über soziale Bewegungen, Migration, Bildung, Menschenrechte und sonst auch noch einiges