Votum bestätigt: In Charlottenburg-Wilmersdorf übernimmt die CDU das Bürgerbegehren für den Erhalt von Grünflächen.

Votum bestätigt: In Charlottenburg-Wilmersdorf übernimmt die CDU das Bürgerbegehren für den Erhalt von Grünflächen. Auch die Grünen stimmen zu – die SPD scheitert mit dem Pochen auf Wohnungsbau.

Von Thomas Schubert

Unterschriften für Unterschrift kamen sie ihrem Ziel immer näher. Jetzt feiern die beiden Bezirksverbände der Kleingärtner und mehrere verbündete Bürgerinitiativen einen Triumph: Der Erhalt von Grünflächen, wie ihn am Ende mehr als 18.000 Bürger verlangten, ist bei Bezirkspolitikern ganz oben auf der Agenda.

Grünflächen-Entscheid nach Oeynhausen-Krise

Konkret lautet der Wunsch der Gartenfreunde wie folgt: Es geht den Initiatoren um Christine Wußmann-Nergiz darum, „Parks, Kleingärten, gewidmete Grünanlagen und durch die Öffentlichkeit nutzbare Grünflächen dauerhaft zu bewahren“. Anderweitige Planungen – zum Beispiel für eine Wohnbebauung – seien „unverzüglich aufzuheben“.

Als Begründung nennt Wußmann-Nergiz den Umstand, dass „laut dem Senat jedem Berliner mindestens sechs Quadratmeter wohnungsnahe Grünfläche zur Verfügung stehen sollen. In Charlottenburg-Wilmersdorf sind es trotz des Grunewalds weniger als vier“. Doch das Begehren hätte wohl kaum gezündet, wenn nicht Anfang des Jahres die halbe Kleingartenkolonie Oeynhausen für ein Wohnungsbauprojekt verloren gegangen wäre – trotz eines Bürgerentscheids im Jahre 2014 mit über 80.000 Stimmen, die den Erhalt gefordert hatten. Dies nannte Wußmann-Nergiz „eine schmerzliche Erfahrung“.

"Schmerzliche Erfahrung": Der Abriss der halben Kolonie Oeynhausen bewog Kleingärtner zum Handeln - sie wollen, dass sich dieser Fall nicht wiederholt. Foto: Thomas Schubert

Nun hat die CDU des neue Bürgerbegehren komplett übernommen und mit Stimmen der Grünen im Bezirksparlament durchgesetzt. Somit entfällt das, was andernfalls eingetreten wäre: Die Ausdehnung der Abstimmung auf einen Bürgerentscheid wie damals im Fall Oeynhausen. Dann hätten alle Stimmberechtigten im Bezirk an der Wahlurne entscheiden dürfen – womöglich zeitgleich mit der Berlinwahl am 18. September.

CDU übernimmt Begehren - Grüne stimmen zu

„ Wir teilen nicht alles, was im Begehren steht, aber in den Grundzügen stimmen wir voll überein“, erklärte CDU-Bauexperte Arne Herz das Wohlwollen seiner Fraktion. Und Ansgar Gusy (Grüne) erwartet nun vom Bezirksamt, bei Bauprojekten genau hinzusehen: „Es werden Interessen gegeneinander stehen. Und dann muss genau abgewogen werden, öffentlich und transparent.“ Auch die SPD mit Sprecherin Heike Schmitt-Schmelz sieht sich nicht als Gegner des Bürgerbegehrens, sondern signalisiert in weiten Teilen Zustimmung – „wir hatten die gleiche Zielvorstellung“, hieß es. Allerdings weichen die Sozialdemokraten in einem Punkt so weit von den Bürgern ab, dass sie einen eigenen Antrag formuliert hatten, der dem Wunsch zum Grünerhalt Grenzen setzt: „Wichtige Infrastrukturen wie Kitas, Schulen und Sportanlagen sowie die Schaffung bezahlbaren Wohnraums müssen weiterhin möglich sein“, heißt es im Text. Schließlich scheiterte diese Variante, der von der CDU-getragene Antrag kam durch. Ein Erfolg für all diejenigen, die keine weitere Nachverdichtung auf Kosten von Grünflächen tolerieren wollen.

Baurecht schlägt Bürgerwillen

Doch was bewirkt das erfolgreiche Begehren in der Praxis? „Eine Selbstverpflichtung“, im Zweifel auf die Bewahrung von Grünflächen zu dringen, so nennen es die Bezirksverordneten. „Ein Signal über die Legislaturperiode hinaus“, sagte Arne Herz. Bindende Wirkung für das Bezirksamt besteht hingegen keine. So macht Baustadtrat Marc Schulte (SPD) deutlich, dass er den Bürgerwillen nicht über rechtliche Tatsachen stellen kann. Wenn Baurecht auf einem begrünten Grundstück in Privatbesitz besteht, wird er den Eigentümer an seinen eigenen Plänen nicht hindern können. „Ich würde mir Eingriffsrechte wünschen“, sagte Schulte. Aber das Baurecht sei derzeit eben "sehr eigentümerfreundlich“. Dies zu ändern sei Sache der Bundespolitik.